Der Oberste Gerichthof verschärft erneute die Formvorschriften für fremdhändige Testamente

(Entscheidung vom 26.04.2022 GZ 2 Ob 29/22m)

Mit einem Testament haben Sie die Möglichkeit – mit gewissen Einschränkungen – selbst zu bestimmen, wer Ihr Vermögen nach dem Tod erhalten soll. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Testament auch gültig errichtet wird.

In letzter Zeit hatte der Oberste Gerichthof immer wieder die Frage der Formgültigkeit fremdhändiger Testamente zu beurteilen und hat im Zuge seiner dazu ergangen Rechtsprechung die Anforderungen an die dabei einzuhaltenden Formvorschriften laufend verschärft. 

Fremdhändige Testamente sind solche, die nicht handschriftlich vom Erblasser, sondern von einem Dritten oder mittels Computer oder Schreibmaschine verfasst werden.

Die Formgültigkeit eines aus mehreren Blättern bestehenden fremdhändigen Testamentes setzt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entweder das Vorliegen einer äußeren oder einer inneren Urkundeneinheit voraus. 

Zur Herstellung der äußeren Urkundeneinheit müssen die einzelnen Blätter vor der Unterschriftsleistung des Erblassers und der Zeugen oder unmittelbar danach so verbunden werden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann. Die Verbindung kann zum Beispiel durch Kleben, Binden oder Nähen der losen Blätter hergestellt werden. 

Zur Herstellung der inneren Urkundeneinheit zwischen mehreren losen Blättern ist es erforderlich, dass der Erblasser auf jedem Blatt einen Vermerk mit Bezugnahme auf die letztwillige Verfügung setzt. Die bloße Fortsetzung des Textes genügt nach Ansicht des Obersten Gerichthofes nicht. 

Wenn das Testament nicht formgültig errichtet wird, ist es unbeachtlich und es tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Das hat zur Folge, dass es zu einer vom Erblasser eigentlich nicht gewollten Vermögensverteilung kommt. 

Wenn sich potentielle gesetzliche Erben die Ungültigkeit des Testamentes berufen kann dies zudem einen zeit- und kostenintensiven Erbrechtstreit auslösen. 

Es ist daher auf jeden Fall ratsam für die Errichtung eines Testamentes einen Rechtsanwalt beizuziehen. 

Cookie Consent mit Real Cookie Banner